Kinesio-Taping als Unterstützung der manuellen Therapie


Viele von uns haben sie sicherlich schon bei großen Sportereignissen gesehen: bunte Streifen auf dem Körper der Athleten. Doch was steckt hinter den flexiblen Klebestreifen und wie können diese im tierphysiotherapeutischen Alltag eingebunden werden?


Die Methode des „Tapings“ wurde 1973 vom japanischen Chiropraktiker Kenzo Kase entwickelt. Diese Technik beruht darauf, dass bei Sportverletzungen nicht die Ruhigstellung der Gelenke, sondern die Mobilisation des Stütz- und Bewegungsapparates im Vordergrund stehen sollen.  

Obwohl japanische und koreanische Sportler die „bunten Pflaster“ schon seit Ende der 1980er Jahre verwenden, wurden westliche Medien erst bei den olympischen Spielen 2008 in Peking darauf aufmerksam.

Seitdem hat sich viel getan: Vor noch nicht allzu langer Zeit wurden starre Tapes benutzt. Diese hatten allerdings den Nachteil, dass z.B. Muskeln und Gelenke fast unbeweglich fixiert wurden. Heute benutzt man flexible, elastische Tapes, welche auf die belasteten Strukturen geklebt werden. Diese Materialeigenschaften lassen also Bewegung zu, was wichtig ist für den Erfolg der Anwendung, so der Heilungsprozess unterstützt und optimiert wird.

 

 

Wie wirkt das Tape?


Ein gutes Taping-Material weist ähnliche Elastizitäteigenschaften auf wie die Haut und kann somit auf die Haut und die darunter liegenden Strukturen Einfluss nehmen. Durch diese Elastizität werden die belasteten Strukturen mobilisiert und nicht fixiert.

Kurz gesagt: das Tape arbeitet dort, wo Bewegung stattfindet. Ohne Bewegung, z.B. bei Lähmungen, wird sich kaum Therapieerfolg mit Hilfe dieser Methode einstellen.

In der Fachwelt hat sich eine breite Akzeptanz gegenüber dem kinesiologischen Tapen entwickelt und trotzdem gibt es noch keine wissenschaftlichen Studien, welche die Wirksamkeit und die Wirkmechanismen eindeutig belegen. Wir als Therapeuten berufen und verlassen uns also auf Erfahrungswerte. Trotzdem steigt die Zahl derjenigen die sich dementsprechend behandeln lassen oder das Taping erlernen und in der Praxis anwenden immer weiter an.



Das Tape in der Tierphysiotherapie

 

Als Therapeuten setzen wir auf strukturelle Techniken, die auf Bewegung aufbauen bzw. versuchen wir, diese in einen anatomisch-physiologischen Ablauf zu bringen. Mit unseren Anwendungen mobilisieren wir den Bewegungsapparat und legen dabei besonderen Wert auf die Nachhaltigkeit unserer Methoden, Techniken und Therapien. Das Tapen kann, bei richtiger Anwendung, eine hervorragende Ergänzung unserer manuellen Techniken sein und so langfristig den Therapieerfolg unterstützen und optimieren.

Wie bereits erwähnt, können wir mit Hilfe des Taping Einfluss auf die Haut und die darunter liegenden Schichten nehmen. In diesen Strukturen finden sich viele verschiedene Rezeptoren, die angesprochen werden. So können durch die Reizung der Hautrezeptoren durch das Tape neue Bewegungsmuster initiiert werden oder über Mechanorezeptoren der Tast-, Druck und Berühungssinn beeinflusst werden.

Weiterhin gibt es eine besondere Reizgebung an das Zentrale Nervensystem (ZNS). Da man davon ausgeht, dass das ZNS fast 70% der Informationen aus dem Bewegungsapparat bekommt, geht man davon aus, dass durch die verschiedenen Techniken des Tapings spezifische Reize an das ZNS weitergeleitet werden. Wie alle anderen Reize, die auf den Körper einwirken, kann das Taping auch die Propriozeption (Wahrnehmung von Körperbewegung und -lage im Raum oder der Lage einzelner Körperteile zueinander) unterstützen und so z.B. in Zusammenwirkung mit weiteren physiotherapeutischen Maßnahmen zur Verbesserung der Körperwahrnehmung dienen.

 


 

linkes Foto: Taping der langen Sitzbein- und Oberschenkelmuskulatur zur Unterstützung des Muskeltonus nach einer Fraktur der Darmbeinsäule (Becken) einer Katze.

rechtes Foto: Sehnentaping nach einer Teilruptur (rotes Tape) der oberflächlichen Beugesehne des Pferdes.

Einsatzgebiete des Taping

 

  • Tonusregulation der Muskulatur und somit positive Beeinflussung der Muskelfunktion und –aktivität
  • Bänderproblematiken (Überdehnung, Rupturen oder Teilrupturen): positive Einwirkung auf die Strukturen und Unterstützung in der Funktion
  • Sehnenproblematiken (Entzündungen, Überlastungen, Rupturen oder Teilrupturen): Unterstützung der verletzten Struktur
  • Behandlung von Schmerz-, Trigger- oder Stresspunkten: Schmerzreduktion
  • Postive Einflussnahme auf das lymphatische System (Ödeme, Hämatome,...)
  • Unterstützung der Propriozetion
  • Verbesserung von Bewegungsabläufen, Stellungsanomalien, muskulären Dysbalancen , Fehl- und Schonhaltungen
  • Unterstützung der Gelenkfunktion
  • Verbesserung der Faszienfunktionalität: Lösen von Verklebungen
  • Narbenbehandlung


Das Taping ist also eine sinnvolle Ergänzung unserer physiotherapeutischen Behandlung und kann in Kombination mit Gangschulungen, Übungen für den Muskelaufbau, Massagen, Dehnungen usw. unser Therapiekonzept optimal unterstützen.


linkes Foto: Taping des M. biceps femoris (rosa) beidseits zur Stabilisierung nach einem Beckenschiefstand

rechte Fotos: Behandlung von Schmerzpunkten und Verquellungen in der Brustwirbelsäule (Hund) und im lumbosacralen Übergang (Pferd)